Innovativ und „idiotensicher“
Ralf Vieweg als allgemeiner Vertreter des Borgholzhausener Bürgermeisters Dirk Speckmann ist bekannt für seine originellen Geschenke, die er gerne mit süffisanten Bemerkungen garniert. Beim Besuch der NRW-Verkehrsministerin überreicht er einen Stein aus dem Straßenpflaster von 1850 als Symbol für alte und neue Automatisierungsansätze. »Damals gab es hier am Wege viele Gaststätten, und manche Kutscher haben viel getrunken. Zum Glück wussten die Pferde, wo es hingeht«, sagt Ralf Vieweg.
"Ohne Versuche im echten Leben kann es nicht klappen."
In ihrem Grußwort bleibt die Ministerin im Bild und bezeichnet die Borgholzhausener als »Vorreiter, die das leben, was wir wollen«. Um das Klima zu schützen, müsse das Mobilitätsverhalten angepasst werden. Die Regierung habe das Projekt gerne gefördert, auch wenn es Mut erfordere. Ohne Versuche im echten Leben könne es nicht klappen, betont Ina Brandes und geht davon aus, »dass dieser gute Ansatz interessante Erkenntnisse liefern wird - für viele andere Städte in NRW«.
Anfang April ist die Mobilstation inklusive dem bundesweit einzigartigen Linien-E-Carsharing am Bahnhof Borgholzhausen eröffnet worden. Als eins von insgesamt 60 Projekten der Regionale 2022 ist die innovative Idee mit über einer Million Euro gefördert worden. Weil sie bei der Eröffnung fehlte, kommt Ina Brandes nun im Rahmen einer Rundreise zu vier aktuellen Mobilitätsprojekten in Ostwestfalen zur »Aufnahme des Echtzeitbetriebs«, wie es der ehrenamtliche Mobilitätsmanager Peter Thoelen formuliert.
Tickets ohne Aufpreis zum regulären ÖPNV
Von Marcel Salzburg, Projektleiter der Transdev GmbH, lässt sich die Ministerin die Funktionsweise der Kombination aus Öffentlichem Personennahverkehr und Carsharing erläutern. Per Schnittstelle zur Fahrplanauskunft lasse sich jetzt bereits aus Köln die Fahrt in Borgholzhausen auf den bestehenden drei Linien buchen – ohne Aufpreis zum regulären ÖPNV-Ticket. »Scheint idiotensicher zu sein«, befindet die Ministerin, als sie probeweise im Neunsitzer Platz nimmt, den Janet Kersten von der Stadtverwaltung mit Fahrgast Daniel Weßling und dessen Sohn anschließend zum Rathaus steuert. Eine weitere »Testfahrerin« ist Susan Ehmke, die mit dem Haller Willem ankommt und ins E-Mobil auf der Linie nach Casum umsteigt.
 »An dieser Stelle kommen Form und Funktion zusammen, wenn unterschiedliche Mobilitätsformen wie mit einer Drehscheibe verbunden werden«, erklärt Ralf Vieweg im Rückblick auf den Lückenschluss der A33 mit Brandes‘ Vorgänger Hendrik Wüst und dem wenig später erfolgten Abriss der bestehenden Bauruine, der Raum für eine Neugestaltung geschaffen habe.
"Wir brauchen Visionäre."
»Wir brauchen Visionäre, die solche Projekte im ländlichen Raum entwickeln«, sagt Annette Nothnagel, Regionale-Managerin bei der OWL GmbH, und ergänzt: »Sie haben etwas Großartiges angestoßen«. Wenn das Angebot akzeptiert werde, könne auf den Zweit- oder Drittwagen künftig verzichtet werden. Laut Peter Thoelen sind derzeit sechs Fahrzeuge auf bisher drei Linien aktiv. Später soll daraus einmal 14 werden. Der Vorteil gegenüber »On-Demand-Anforderungen« liege auf der Hand, da mit Ausnahme von zwei »E-Car-Operators«, die die Fahrzeuge dahin bringen, wo sie benötigt werden, kein Personal erforderlich sei. Thoelen setzt zusätzlich auf potenzielle »Ankerkunden« in den Gewerbegebieten, wenn Teile der Belegschaft entsprechend transportiert werden. Eventuell entstehende Lücken könnte das normale Carsharing schließen.
Auch Borgholzhausens Bürgermeister Dirk Speckmann zeigt sich von der Idee begeistert und betont: »Die Stadt Borgholzhausen ist glücklich, mit diesem Projekt einen besonderen Beitrag zur Erhöhung der Attraktivität von bezahlbarem Wohnraum in ländlichen Strukturen leisten zu können«. Weitere Detailinformationen zum Linien-E-Carsharing und zur OWLmobil App finden sich unter www.owlmobil.info
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